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Axa-Chef: Private Krankenversicherung kämpft mit Imageproblem
Thilo Schumacher, Vorstandsvorsitzender der Axa Deutschland, äußert sich im Interview mit Capital.de zur aktuellen Lage der privaten Krankenversicherung (PKV). Laut Schumacher sei das von der Stiftung Warentest festgestellte Problem, dass nur ein kleiner Teil der PKV-Angebote wirklich zufriedenstellende Dienstleistungen liefert, vor allem auf den Vergleichsmaßstab mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zurückzuführen. In der PKV gebe es die Möglichkeit, sowohl besseren als auch schlechteren Schutz zu wählen, je nach Zahlungsbereitschaft und individuellem Bedarf.
Schumacher betont, dass die PKV kein grundsätzliches Problem habe, sondern allenfalls ein Imageproblem. Er verweist darauf, dass es in Deutschland über 30 Millionen gesetzlich Zusatzversicherte gibt und fast jeder zweite Deutsche in irgendeiner Form PKV-versichert ist. Das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung habe sich in Deutschland bewährt, auch wenn es in der öffentlichen Wahrnehmung gelegentlich als Zweiklassengesellschaft kritisiert werde.
Ein zentrales Problem sieht Schumacher in den steigenden Kosten des Gesundheitswesens, die historisch immer oberhalb der allgemeinen Inflation lagen. Zwei Hauptgründe nennt er dafür: Zum einen sei der medizinische Fortschritt teuer, führe aber auch zu besseren Leistungen. So koste eine spezielle Krebstherapie inzwischen zwischen 300.000 und 400.000 Euro. Zum anderen steige der Bedarf an medizinischer Betreuung mit dem Alter der Bevölkerung.
Leistung | Kosten |
---|---|
Spezielle Krebstherapie | 300.000 - 400.000 Euro |
Schumacher plädiert dafür, das duale System weiter auszubauen und die Bevölkerung besser über die Vorteile der PKV aufzuklären. Er sieht die Notwendigkeit, das Image der PKV zu verbessern und die Menschen über die Möglichkeiten und Vorteile zu informieren.
- PKV bietet individuell wählbaren Schutz – von günstig bis Premium.
- Über 30 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Zusatzversicherung.
- Medizinischer Fortschritt und demografischer Wandel treiben die Kosten.
„Wir haben kein Problem in der Privaten Krankenversicherung. [...] Aber wenn die PKV so schlecht wäre, hätten wir nicht über 30 Millionen gesetzlich Zusatzversicherte.“ (Thilo Schumacher, Axa)
Infobox: Die PKV steht laut Axa-Chef Schumacher vor allem vor einem Imageproblem. Die Kosten im Gesundheitswesen steigen weiter, insbesondere durch teure Therapien und eine alternde Bevölkerung. (Quelle: Capital.de)
Krankenkassen in der „prekärsten Lage seit Jahrzehnten“
Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland stehen laut einem Bericht des Merkur vor enormen finanziellen Herausforderungen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen bereits durchschnittlich 17,5 Prozent des Bruttogehalts für die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung. Dennoch bleibt die Finanzlage defizitär. Gesundheitsministerin Nina Warken kündigte an, den Gesundheitsfonds mit 800 Millionen Euro zu stützen, da dessen Reserve unter eine gesetzlich vorgegebene Marke gefallen ist.
Der Schätzerkreis der Bundesregierung prognostiziert für 2025 ein Defizit von 47 Milliarden Euro. Das entspricht laut Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg 2,5 Prozentpunkten Beitragssatz. Die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung lagen zuletzt bei 311 Milliarden Euro jährlich. Schreyögg bezeichnet die aktuelle Situation als die „prekärste Lage seit Jahrzehnten“ und warnt vor weiteren Beitragssteigerungen.
Jahr | Defizit (Prognose) | Gesamtausgaben | Beitragssatz (Arbeitnehmer & Arbeitgeber) |
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2025 | 47 Mrd. Euro | 311 Mrd. Euro | 17,5 % |
Schreyögg sieht kein Einnahmeproblem, sondern fordert strukturelle Reformen und eine Deckelung der Kosten. Die größten Kostentreiber sind laut ihm die Arzneimittel, die in einem Jahr um rund zehn Prozent teurer wurden, und die Krankenhäuser mit rund acht Prozent mehr Kosten. Er schlägt vor, bei Arzneimitteln einen generellen Abschlag oder ein Einfrieren der Preise vorzunehmen. Im Krankenhaussektor könnte ein Globalbudget eingeführt werden, bei dem für bestimmte Behandlungen ein fester Betrag pro Jahr zur Verfügung steht.
- Arzneimittelpreise stiegen um rund 10 % in einem Jahr.
- Krankenhauskosten stiegen um rund 8 %.
- Reform der Notfallversorgung könnte 5 Mrd. Euro jährlich einsparen.
Eine Reform der Notfallversorgung könnte laut Schreyögg jährlich fünf Milliarden Euro einsparen und die Behandlungsergebnisse verbessern. Nur ein Bruchteil der Patienten in der Notaufnahme sei wirklich ein Notfall, und fast die Hälfte werde stationär aufgenommen – die teuerste Behandlungsform. Die neue Koalition aus Union und SPD plant ein Gesamtpaket aus strukturellen Anpassungen und kurzfristigen Maßnahmen, um weitere Beitragssteigerungen zu verhindern. Teil des Notpakets sind zusätzliche Steuermittel in Milliardenhöhe für die Versorgung von Bürgergeld-Empfängern. Der Bund zahlt laut Kassen bisher etwa zehn Milliarden Euro pro Jahr zu wenig.
Schreyögg plädiert zudem für das Primärarztprinzip, bei dem Patienten zunächst zu ihren Hausärzten gehen. Dies könne die Zahl der Krankenhauseinweisungen um neun Prozent senken und die Zahl der Facharztbesuche ohne Überweisung halbieren.
„Wir haben ein enormes Defizit und steuern auf ein noch größeres zu.“ (Jonas Schreyögg, Gesundheitsökonom)
Infobox: Die gesetzlichen Krankenkassen stehen vor einem Defizit von 47 Milliarden Euro im Jahr 2025. Hauptkostentreiber sind Arzneimittel und Krankenhäuser. Strukturelle Reformen und Kostenbegrenzungen sind laut Experten dringend erforderlich. (Quelle: Merkur)
Quellen: