Inhaltsverzeichnis:
Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung: Dringender Handlungsbedarf
Die neue Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat zu Beginn ihrer Amtszeit auf die angespannte Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hingewiesen. Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ist unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwert gefallen, weshalb die Regierung einen Teil des Bundeszuschusses vorzeitig bereitgestellt hat. Das Vermögen der GKV, das 2011 bis 2018 noch 31,1 Milliarden Euro betrug, ist bis 2024 auf 7,8 Milliarden Euro gesunken. Die kassenindividuellen Zusatzbeiträge mussten Anfang 2025 deutlich angehoben werden. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag stieg von 0,9% (2015) auf 2,5% (2025), während der einheitliche Beitragssatz seit 2015 bei 14,6% liegt und paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlt wird.
Die Einnahmen der GKV stiegen von 2013 bis 2024 nominal um 64%, während die Ausgaben noch schneller wuchsen. Bereits 2019 musste ein Defizit von 1,69 Milliarden Euro ausgeglichen werden. Das Vermögen der Kassen sank von 21,34 Milliarden Euro (2018) auf 2,1 Milliarden Euro (2024). Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht die Ursache nicht in der Corona-Pandemie, sondern in fehlenden Modernisierungen des Gesundheitssystems. Sollte die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten nicht steigen und die Rentnerzahl zunehmen, drohen weitere Beitragserhöhungen.
„Die Lage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei dramatischer als ohnehin angenommen.“ (Nina Warken, CDU, zitiert nach Makronom)
Jahr | Vermögen GKV (Mrd. €) | Zusatzbeitrag (%) |
---|---|---|
2011-2018 | 31,1 | 0,9 (2015) |
2024 | 7,8 | 2,5 (2025) |
Infobox: Die GKV steht vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Die Rücklagen sind stark geschrumpft, die Zusatzbeiträge steigen, und ohne Reformen drohen weitere Beitragserhöhungen. (Quelle: Makronom)
Private Krankenversicherung: Entwicklung und Herausforderungen
Die Private Krankenversicherung (PKV) ist nach dem Versicherungsprinzip organisiert. Die Prämien werden pro Kopf kalkuliert, und es gibt keine beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen. Die Zahl der PKV-Versicherten ist im Zeitraum 2013 bis 2024 um 290.000 Personen gesunken. Der Anteil der Beamten unter den PKV-Mitgliedern stieg von 47% (2013) auf knapp 53% (2023). Der Anteil der Privatversicherten an allen Versicherten sank von 11,4% auf 10,5%.
Die Beitragseinnahmen der PKV stiegen für Vollversicherte von 25,7 Milliarden Euro (2013) auf 30,6 Milliarden Euro (2022). Die öffentlichen Finanzmittel für Beihilfen wuchsen bis 2020 auf 9,8 Milliarden Euro. Die PKV profitiert von höheren Erstattungssätzen im ambulanten Sektor, die im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch sind wie für gesetzlich Versicherte. Die Anhebung von Prämien ist streng geregelt und nur bei bestimmten Faktoren wie Preis- und Leistungssteigerungen oder erhöhter Lebenserwartung möglich.
Jahr | PKV-Versicherte (Veränderung) | Beitragseinnahmen (Mrd. €) | Beamtenanteil (%) |
---|---|---|---|
2013 | - | 25,7 | 47 |
2022/2023 | -290.000 | 30,6 | 53 |
Infobox: Die PKV verzeichnet einen Rückgang der Versichertenzahlen, aber steigende Beitragseinnahmen. Der Anteil der Beamten wächst, und die PKV bleibt für bestimmte Gruppen attraktiv. (Quelle: Makronom)
Beschwerdeaufkommen bei privaten Krankenversicherern
Im Jahr 2024 verzeichnete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen deutlichen Anstieg der Beschwerden über private Krankenversicherer. Die Zahl der abschließend bearbeiteten Kundenreklamationen stieg von 729 auf 1.027, was einem Plus von 40,9% entspricht. Die Beschwerdequote lag bei 2,7 Fällen pro 100.000 Personen, im Vorjahr waren es 1,96. Besonders auffällig war die Hallesche Krankenversicherung mit einer Beschwerdequote von 4,64 (42 Beschwerden bei 905.676 Versicherten).
Viele große Krankenversicherer wie Barmenia (1,25), Allianz (2,03), R+V (0,42) und Debeka (2,81) lagen im Bereich des Durchschnitts. Sechs Anbieter, darunter zwei große, wiesen jedoch eine mindestens um 50% höhere Beschwerdehäufigkeit auf als der Branchendurchschnitt. Bei kleinen Anbietern kann bereits ein einzelner Fall die Quote stark beeinflussen, wie das Beispiel KUK Hannover zeigt (1 Fall bei 1.164 Versicherten, Quote: 85,91).
Versicherer | Beschwerdequote 2024 | Beschwerden | Versicherte Personen |
---|---|---|---|
Hallesche | 4,64 | 42 | 905.676 |
Barmenia | 1,25 | - | - |
Allianz | 2,03 | - | - |
R+V | 0,42 | - | - |
Debeka | 2,81 | 122 | über 4,3 Mio. |
Infobox: Die Zahl der Beschwerden über private Krankenversicherer ist 2024 deutlich gestiegen. Die durchschnittliche Beschwerdequote liegt bei 2,7 pro 100.000 Personen, einzelne Anbieter liegen deutlich darüber. (Quelle: procontra)
Politische Reaktionen und Reformdebatte
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) kündigte an, die defizitären Kranken- und Pflegeversicherungen mit Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt zu stützen. Er betonte jedoch, dass dies keine dauerhafte Lösung sei und grundlegende Strukturreformen notwendig seien. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken forderte Milliardenbeträge für beide Versicherungssysteme, um die Finanzlage zu verbessern und Beitragserhöhungen zu verhindern. Sie bezifferte den Fehlbetrag für Bürgergeldempfänger auf zehn Milliarden Euro und die Corona-Schulden des Bundes auf fast sechs Milliarden Euro.
Klingbeil zeigte sich offen für Reformvorschläge, wie die Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung, was jedoch vom Koalitionspartner Union abgelehnt wird. Die neue Bundesregierung muss zudem mit deutlich niedrigeren Steuereinnahmen rechnen: Bis 2029 werden die Steuereinnahmen um 81,2 Milliarden Euro niedriger ausfallen als noch im Oktober 2024 erwartet.
- Bundeszuschüsse sollen kurzfristig die Finanzlage stabilisieren.
- Langfristig sind grundlegende Strukturreformen geplant.
- Die Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung bleibt umstritten.
- Die Steuereinnahmen sinken bis 2029 um 81,2 Milliarden Euro.
„Wir können die Probleme nicht dauerhaft einfach nur mit immer mehr Steuergeld kitten.“ (Lars Klingbeil, SPD, zitiert nach Tagesspiegel)
Infobox: Die Bundesregierung plant kurzfristige Finanzhilfen für die Sozialversicherungen, sieht aber langfristig Reformbedarf. Die Debatte um die Einbeziehung von Beamten und sinkende Steuereinnahmen verschärfen die Herausforderungen. (Quelle: Tagesspiegel)
Quellen: