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Streit um die angebliche Bevorzugung von PKV-Patienten
Im deutschen Gesundheitssystem ist eine hitzige Debatte über die vermeintliche Bevorzugung privatversicherter Patienten (PKV) gegenüber gesetzlich Versicherten (GKV) entbrannt. Auslöser war eine Pressemitteilung des Spitzenverbands Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (Spifa), der die pauschale Behauptung zurückwies, Privatversicherte würden bevorzugt behandelt. Spifa-Vorstand Dirk Heinrich betonte, dass Vertragsärzte gesetzlich verpflichtet sind, 25 Stunden pro Woche für GKV-Versicherte zur Verfügung zu stehen, darüber hinaus aber bis zu 13 Stunden (bei vollem Kassenarztsitz) oder 26 Stunden (bei halbem Sitz) für Privatpatienten arbeiten dürfen. Die geringere Zahl an Privatpatienten führe laut Heinrich dazu, dass diese schneller Termine erhalten. Zudem kritisierte der Spifa die „willkürliche Budgetierung“ durch Politik und Kassen, die zusätzliche Termine für GKV-Versicherte verhindere.
Der Sozialverband VdK reagierte scharf auf die Aussagen des Spifa. VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärte, dass gesetzlich Versicherte wesentlich länger auf einen Facharzttermin warten müssten als Privatversicherte. Sie forderte „großflächige“ Kontrollen und empfindliche Geldbußen für Praxen, die ihren Sicherstellungsauftrag nicht erfüllen. Laut VdK bieten Facharztpraxen im Schnitt nur 18,75 Wochenstunden für gesetzlich Versicherte an, obwohl 25 Stunden vorgeschrieben sind.
Der Virchowbund, ein weiterer Ärzteverband, wies die VdK-Position als „größten Unsinn“ zurück und verwies auf eine Forsa-Umfrage von 2023, nach der im Schnitt 29 Wochenstunden für Kassenpatienten erbracht wurden. Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) berechnete, dass 82 Prozent der ärztlichen Kontaktzeit auf gesetzlich Versicherte entfallen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gab für 2021 eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in der vertragsärztlichen Versorgung von rund 36 Stunden an. Spifa-Hauptgeschäftsführer André Byrla forderte die Abschaffung der Budgets und eine wirtschaftlich tragfähige Honorierung.
Stunden/Woche für GKV | Stunden/Woche für PKV | Durchschnittliche Kontaktzeit GKV |
---|---|---|
25 (gesetzlich vorgeschrieben) | bis zu 13 (voller Sitz) / 26 (halber Sitz) | 82 % der ärztlichen Kontaktzeit |
18,75 (laut VdK, tatsächlich angeboten) | - | - |
29 (laut Forsa-Umfrage 2023) | - | - |
- Spifa: Hauptursachen für Wartezeiten sind Budgetierung, Bürokratie, Fachkräftemangel und unzureichende Finanzierung.
- VdK: Fordert Kontrollen und Bußgelder bei Bevorzugung von Privatpatienten.
- Virchowbund: Sieht die Budgetierung als Hauptproblem, nicht die Existenz von Privatpatienten.
„Wer gesetzlich krankenversichert ist, wartet wesentlich länger auf einen Facharzttermin als Privatversicherte. Diese Erfahrung von Millionen Menschen kann nicht wegdiskutiert werden.“ (Verena Bentele, VdK)
Infobox: Die Debatte um die Bevorzugung von PKV-Patienten bleibt kontrovers. Während Ärzteverbände die Budgetierung als Hauptursache für Wartezeiten sehen, fordert der VdK schärfere Kontrollen und verweist auf die Erfahrungen gesetzlich Versicherter. (Quelle: das investment)
Kassen-Aufsicht kritisiert Beitragstricks – und warnt vor PKV-Wechselmissbrauch
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat in seinem aktuellen Jahresbericht die gesetzlichen Krankenkassen wegen mangelnder Transparenz bei der Information über Zusatzbeiträge kritisiert. In der zweiten Jahreshälfte 2024 und zu Beginn des Jahres 2025 mussten nahezu alle gesetzlichen Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge erhöhen. Laut BAS-Bericht wurden diese Erhöhungen jedoch häufig mit werblichen Aussagen relativiert oder im Kleingedruckten versteckt. Bei unzureichender Information verschiebt sich die Kündigungsfrist für Versicherte nach hinten, was ihnen mehr Zeit für einen Kassenwechsel verschafft.
Ein weiteres Thema des BAS-Berichts ist der rechtsmissbräuchliche Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung (PKV in GKV). Ab dem 55. Geburtstag ist ein Wechsel in der Regel ausgeschlossen, auch wenn Versicherungspflicht eintritt. Dennoch versuchen Versicherte, diese Hürden durch fingierte Erwerbstätigkeiten im europäischen Ausland zu umgehen, um Zugang zur deutschen GKV zu erhalten. Bereits 2022 hatte der GKV-Spitzenverband die Kassen vor dieser Problematik gewarnt und zu erhöhter Aufmerksamkeit bei Mitgliedschaftsanträgen mit Auslandsbeschäftigung aufgefordert. Das BAS unterstützt die Kassen bei der rechtlichen Bewertung solcher Fälle.
- Nahezu alle gesetzlichen Krankenkassen erhöhten 2024/2025 die Zusatzbeiträge.
- Erhöhungen wurden oft im Kleingedruckten versteckt.
- Rechtsmissbrauch beim Wechsel von PKV in GKV durch fingierte Auslandsbeschäftigungen.
- Ab 55 Jahren ist ein Wechsel in die GKV praktisch ausgeschlossen.
Infobox: Das BAS fordert mehr Transparenz bei Beitragserhöhungen und warnt vor Missbrauch beim Wechsel von der PKV in die GKV. Die Einhaltung gesetzlicher Regeln und der Schutz der Solidargemeinschaft stehen im Fokus. (Quelle: procontra)
Wie Chefs ihre Beschäftigten zu Privatpatienten machen
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat die Wiedereinführung einer Praxisgebühr für Arztbesuche gefordert, um die hohe Zahl der Arztbesuche durch gesetzlich Krankenversicherte zu senken. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter betonte, dass der Betrag so hoch sein müsse, dass er zu Verhaltensänderungen führe. Kritiker erinnern daran, dass die frühere Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal zum 1. Januar 2013 abgeschafft wurde, da sie keinen signifikanten Rückgang der Arztbesuche bewirkte. Die durch den Wegfall entstandenen Einnahmeverluste von etwa zwei Milliarden Euro wurden durch den Gesundheitsfonds ausgeglichen.
Das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gerät zunehmend in finanzielle Schieflage, da immer weniger Beitragszahler für eine wachsende Zahl älterer Versicherter aufkommen müssen. Im Gegensatz dazu ist die private Krankenversicherung (PKV) vom demografischen Wandel weniger betroffen. Der Wechsel von der GKV in die PKV ist nur Arbeitnehmern mit einem Jahresbruttoeinkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze von derzeit 73.800 Euro möglich. Immer mehr Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern eine betriebliche Krankenversicherung (bKV) an. Der Bestand an bKV-Versicherten hat sich seit 2015 auf rund 2,45 Millionen mehr als vervierfacht. Ende 2024 boten etwa 52.400 Unternehmen eine bKV an.
Jahresarbeitsentgeltgrenze (2025) | bKV-Versicherte (2024) | Unternehmen mit bKV (2024) |
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73.800 Euro | 2,45 Millionen | 52.400 |
- BDA fordert Wiedereinführung der Praxisgebühr.
- Praxisgebühr von 10 Euro pro Quartal wurde 2013 abgeschafft.
- Bestand an bKV-Versicherten seit 2015 vervierfacht.
- 52.400 Unternehmen bieten bKV an (Ende 2024).
Infobox: Die betriebliche Krankenversicherung boomt: Immer mehr Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Zusatzschutz an, während die BDA eine neue Praxisgebühr fordert, um die GKV zu entlasten. (Quelle: Versicherungsjournal)
Debeka zahlt 220 Millionen Euro zurück
Deutschlands größter privater Krankenversicherer, die Debeka, erstattet ihren Mitgliedern auch im Jahr 2025 einen dreistelligen Millionenbetrag. Anfang September überweist das Unternehmen rund 220 Millionen Euro an etwa 320.000 Versicherte, die im Kalenderjahr 2024 keine Rechnungen für medizinische Leistungen eingereicht haben. Diese Mitglieder erhalten im Durchschnitt 2,5 Monatsbeiträge als Rückerstattung. Versicherte in Ausbildung profitieren sogar von bis zu sechs Monatsbeiträgen.
Die Debeka betont, dass diese Maßnahme das verantwortungsbewusste Handeln der Versicherten würdigt und Überschüsse direkt an die Gemeinschaft zurückgibt. Im vergangenen Jahr lag die Rückerstattung auf einem ähnlich hohen Niveau. Die Auszeichnung „Deutschlands Spar-Champion 2025“ in der Kategorie „Private Krankenversicherung für Beamte“ durch das Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) und ntv unterstreicht die Stabilität und Solidität des Unternehmens. Die Beitragsrückerstattung ist ein fester Bestandteil des genossenschaftlichen Selbstverständnisses der Debeka, die seit 120 Jahren Überschüsse ausschließlich an ihre Mitglieder zurückgibt.
Rückerstattung (2025) | Begünstigte Versicherte | Durchschnittliche Rückerstattung | Rückerstattung für Auszubildende |
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220 Millionen Euro | 320.000 | 2,5 Monatsbeiträge | bis zu 6 Monatsbeiträge |
- Rückerstattung für Versicherte ohne Leistungsantrag im Jahr 2024.
- Debeka setzt auf genossenschaftliche Werte und nachhaltiges Wirtschaften.
- Auszeichnung als „Deutschlands Spar-Champion 2025“.
Infobox: Die Debeka zahlt 2025 rund 220 Millionen Euro an 320.000 Mitglieder zurück und setzt damit ein Zeichen für nachhaltige Kundenorientierung und wirtschaftliche Verantwortung. (Quelle: TV Mittelrhein)
Quellen: